Dass die ersten Seuchen schon lange vor der Antike aufgetreten sind, mag nicht überraschen. Wie diese aber seit jeher politische Ordnungen verändern, neue Machttechniken hervorrufen, gesellschaftliche Ordnung in Unordnung wandeln bzw. gesellschaftliche Unordnungen sichtbar machen, gesellschaftliche Werte neu definieren und augenscheinlich machen, wer zur Gesellschaft gehört – dies bedarf einer interdisziplinären und auch gesellschaftskritischen Beleuchtung.
Eine Seuche ist nie ein rein biologisches Phänomen. Vielmehr ist sie immer eingebettet in gesellschaftliche Verhältnisse und Politiken. Eine Seuche bringt uns dazu, bisher etablierte Normalitätsvorstellungen zu hinterfragen. Wie sind Macht, Körper und Seuchen verbunden? Welche Rolle nimmt der Staat in Seuchenbekämpfungsmaßnahmen ein? Wie und um welchen Preis wird Immunität erlangt? Wie wird durch Politiken der Immunisierung Ausgrenzung legitimiert?
In Seuchen-Zeiten
wird definiert,
wer Teil der
Gesellschaft ist
und wer nicht.
Seuchen sorgen für Chaos. Sie offenbaren (globale) Ungleichheiten, Ungerechtigkeiten, Missstände. Während versucht wird, die Seuche zu bändigen und zu kontrollieren, wird auch die gesellschaftliche Ordnung mit verhandelt: Wer ist Feind und schuld an der Krise? Welcher Teil der Gesellschaft ist schützenswert? Welche Rolle nimmt der Staat ein? Wie wird das Unkontrollierbare einer Seuche kontrollierbar gemacht?
Ausgrenzung | Rationalisierung | Raumkonzepte | Staat | Sündenböcke | Wir/Andere | Zugehörigkeit
Seuchen
markieren die
Grenzen
politischer
Zugehörigkeit
und verschieben
diese.
Michel Foucault brachte den Begriff der Biopolitik in unser Denken. Die Regulierung der Geburten- und Sterberaten, der Gesundheit und Lebensdauer aber auch alltägliche Handlungen wie Händewaschen und Zähneputzen sind Techniken der Biopolitik. Wie werden Körper und Leben regiert? Wie werden über Apelle zur Vernunft und das Versprechen von „Normalität“ Körper zum Einsatz von Politik?
Bevölkerung | Normalität | Sicherheitsmechanismen | Staatsrassismus | Technologien der Macht
Ordnung steht
im Gegensatz
zu Infektion.
Wissen, Macht und Subjekte befinden sich in modernen westlichen Gesellschaften in einem wechselseitigen Verhältnis: Wissen ist immer eingebettet in Machtverhältnisse und Subjekte sind Ergebnisse komplexer Macht-Wissens-Netze. Zu diesen Überlegungen gelangt Michel Foucault unter anderem durch seine Auseinandersetzung mit den Seuchen Lepra, Pest und Pocken. Welche Machtmechanismen verbergen sich hinter den jeweiligen Seuchen? Wie können Infektionsmodelle auch als Denkmodelle von Machtformen untersucht werden?
Autoritäre Gouvernementalitäten | Disziplinarmacht | Infektionsmodelle | Körper | Lepra, Pest, Pocken | Regierungstechniken | Wissensordnungen
Immunität richtet
sich gegen die
Gemeinschaft und
fördert zugleich
das Leben der
Gemeinschaft.
Immunität bedeutet Freiheit und Schutz zugleich. Die Freiheit, sich frei bewegen zu können, und keine Angst haben zu müssen vor sozialer Ausgrenzung, Krankheit, Spätfolgen oder Tod. Aber Immunität und Gemeinschaft stehen auch in einem Spannungsverhältnis: Immunisierung schützt die Gemeinschaft, gegen die sie sich zugleich richtet. Wie wird das Verhältnis von Gemeinschaft und Immunität ausverhandelt? Zu welchen Bedingungen wird Immunisierung erlangt? Woher rührt die Sehnsucht nach absolutem Schutz?
Abhängigkeit | Ansteckung | Eigen/Fremd | Freiheitsbeschränkung | Gemeinschaft | Immunität | Risiko | Schutz | Sicherheit | Überdosierung